24 April 2025

Ein olfaktorisches Interview mit Star-Parfumeur Geza Schön

Als unabhängiger Parfumeur kreiert der in Berlin lebende Geza Schön unter anderem den Duft für die Haarkosmetikmarke La Biosthétique.

Wir haben Geza Schön zu einem Interview über Trends und sein persönliches Verhältnis zu Düften im Haar getroffen. 

 

Geza, seit 2012 komponieren Sie Düfte für ausgewählte Serien der Haarmarke La Biosthétique. Wie kam es zu dieser Kooperation?

Es gibt viele Firmen, die sich sehr auf das Design und die Verpackung ihrer Kosmetikprodukte konzentrieren. La Biosthétique entwickelte jedoch damals den hohen Anspruch, die Identität der Brand zusätzlich zu unterstreichen und zu schärfen, indem sie auch in olfaktorischer Hinsicht einen roten Faden in ihre Produktpalette bringen wollten. Dafür machte es natürlich Sinn, mit einem Parfümeur direkt zusammenzuarbeiten. Ich selbst arbeitete damals gemeinsam mit der norwegischen Künstlerin und Geruchsforscherin Sissel Tolaas an verschiedenen Kunstprojekten. Dadurch wurde Alexander Dinter, der International Creative Director bei La Biosthétique ist, auf mich aufmerksam und stellte den Kontakt zur Familie Weiser her.

Würden Sie bei Interesse auch für andere Haarmarken Düfte kreieren?

Nein, ich würde mich nicht wohlfühlen, für eine Marke zu arbeiten, die ähnliche Produkte herstellt. Mich überzeugt das Gesamtkonzept von La Biosthétique, und ich habe hier Voraussetzungen und Mittel zur Verfügung, die sehr selten sind. Ich kann für meine Duftkreationen aus dem Vollen schöpfen und zum Beispiel viele wertvolle Naturprodukte einsetzen, die vielen anderen Unternehmen einfach zu teuer sind. Zudem geht mein Wunsch derzeit eher in die Richtung, weniger statt mehr zu arbeiten. Schließlich ist es eine Menge Arbeit, solche Duftkonzepte zu entwickeln.

Wie lange braucht es von der Idee bis zum perfekten Haar-Duft?

Ein Duft ist ein komplexes Gebilde. Die Kreation eines Duftes hat nichts mit Alchemie zu tun, sondern vor allem mit viel Erfahrung, welche Essenzen in welcher Dosierung einen interessanten, harmonischen Duft ergeben. Jedes Parfum hat ja so etwas wie ein strukturelles Gerüst: Da ist die Kopfnote, also das, was man beim ersten Anriechen wahrnimmt. Das sind vorzugsweise frische Essenzen, wie zum Beispiel verschiedene Zitrusnoten. Dann kommt die Herznote, die sich etwas langsamer entwickelt. Hier ist vor allem die ganze große Skala der blumigen Noten vertreten. Und zum Schluss entwickelt sich der sogenannte Fond, der dem Duft Stabilität und Haltbarkeit verleiht, wie zum Beispiel Ambra oder lang haftende Holznoten wie Zeder. Der Fond muss mit der Herz-und der Kopfnote ein harmonisches Ganzes bilden. Das braucht von der Idee bis zum fertigen Duft immer wieder Überarbeitungen und kreative Pausen, in denen sich ein neuer Blickwinkel entwickeln kann. 

Ihr neuester Coup ist die Duftkomposition für die 2018 lancierte Männerserie HOMME  von La Biosthétique. Bedeutet das, dass alle Produkte aus dieser Serie dann gleich duften? 

Ja, natürlich ranken sich alle Produkte um einen Duft, den speziellen HOMME-Duft. Daher kann  ich nur raten: Wer den Duft der Produkte mag, dem wird  sicher der reine Duft, das Eau de Toilette von HOMME, gut gefallen. Es hat eine frische, würzige Kopfnote aus 7% rotem Pfeffer, Bergamotte, Limette und Mandarine. Dazu eine Grünnote mit Feige und einem Hauch Wacholder. Das Herz ist transparent und wenig blumig. Dafür besitzt es eine gehaltvolle 50%-ige Holznote mit Zeder, Kaschmirholz und Ambra.

Gel, Wachs, Schaum, Liquid – in welcher Konsistenz hält sich ein Duft am besten? 

Das kann man so nicht sagen. Damit das Haar parfümiert wird, erhält ein Produkt je nach Masse eine unterschiedliche Dosierung von Parfumöl, die zwischen 0,1-1,5% liegt. Es hängt auch von der Applikationsform eines Produkts ab. Das bedeutet zum Beispiel, dass ein Tonic weniger hoch dosiert wird als ein Shampoo, bei dem der Duft länger im Haar verbleiben soll.

Sind Düfte für Haarprodukte anders konzipiert als das klassische Parfüm für die Haut?

Ja, auf jeden Fall! Beim individuellen Duft, den ein Mensch auf seinem Körper trägt, steht der hedonistische Gedanke im Vordergrund. Ein Duft gibt dem Träger eine eigene Aura. Daher darf ein klassisches Parfum Kanten und Ecken haben. Bei Duftkonzepten für Pflegeprodukte spielt man eher mit Assoziationen, z.B. mit Düften, die wir mit Gesundheit oder Vitaminen in Verbindung bringen. Hier steht klar der Pflegeaspekt im Vordergrund. Daher wählt man gern eine cremige, weiche, ‚hautige’ Duftrichtung, die auch pudrige oder fruchtige Noten haben darf. 

Was halten Sie von einem Signature-Raumduft im Friseursalon? 

Es gibt viele Unternehmen, die mit einem eigenen Signature-Duft einen olfaktorischen Fingerprint kreieren möchten. Sie möchten Kunden über den emotionalsten aller Sinne, den Geruchssinn, an sich binden. Für Friseursalons sehe ich das als wenig sinnvoll an. Hier gibt es naturgemäß viele Eigengerüche aus Shampoo, Conditioner, Haarspray oder chemischen Behandlungen. Einen zusätzlichen Duft zu installieren, wirkt für mich überladen.

Welcher Naturduft ist der Ihre?

Ich finde viele Düfte toll. Aber ich bin ein besonderer Fan von Iris. Sie ist eines der wenigen magischen Produkte der Natur. Iris hinterlässt nicht nur einen olfaktorischen Eindruck; sie wirkt fast physisch. Es ist ein ungemein weicher und pudriger Effekt, der bei Naturprodukten extrem rar ist. Ich mag auch holzige Inhaltsstoffe wie Vetiver und Zeder sehr gern. Oder auch animalische Düfte wie Ambra und Moschus. Aber die sind nur schwierig in Pflegeprodukten einsetzbar.

Wo finden Sie Ihre Inspiration? 

Die Inspirationsquellen hängen tatsächlich davon ab, was genau parfümiert werden soll. Und natürlich davon, welche Mittel ich zur Verfügung habe. Wir Menschen haben so etwas wie eine olfaktorische Sozialisation. Das heißt, dass wir Duftvorlieben haben, die kulturell bedingt sind. Ich lasse mich auf Reisen gern intuitiv berauschen von der Natur, von Essen oder von Gewürzen in anderen Ländern. Und dennoch möchte ich keinen Kunden damit vor dem Kopf stoßen, indem ich etwas völlig Neues mache. Das würde keiner mögen. Etwas neues Visuelles oder Akustisches zu implementieren ist einfacher, als es mit einem neuen Geruch der Fall ist. An den Duft sind immer Emotionen gekoppelt. Wir bleiben also beim Duft eher bei Themen, die Menschen kennen und mögen und versuchen dort zu variieren. 

Wie viel Wert legen Sie auf Ihre eigene Haarpflege und verraten Sie uns Ihr Must-Have Produkt? 

Natürlich lege ich großen Wert auf Haar- und Körperpflege. Meine absoluten Favoriten sind das Shampoo, das Peeling und die Bodylotion aus der La Biosthétique Spa-Serie. Dieser frische, prickelige Duft ist der Hammer. Ich kann ihn mir tatsächlich nicht besser vorstellen! Da ist uns ein extrem gutes Produkt gelungen.

Stichwort Duft-Trend: Wonach schnuppern wir in diesem Frühjahr und Sommer?

Es gibt in der Duftwelt keine richtigen Trends, wie es etwa in der Fashion der Fall ist. Die Anmutungen von Parfums wechseln nicht jedes Jahr. Das mag auch daran liegen, dass ca. 80% der Menschen ihren olfaktorischen Fingerprint bereits gefunden haben und da weniger Bewegung drin ist. Wir haben daher ein relativ konstantes Bild in der Duftlandschaft. Auch wenn es immer mal wieder neue Einflüsse gibt, wie es in den vergangenen Jahren mit dem Aufkommen von Oud der Fall war.

 

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